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ESG Investing 2024: Chancen durch Klarheit

Viele Unternehmen weltweit nähern sich ihren Nachhaltigkeitszielen in den Bereichen Umwelt, Soziales und Unternehmensführung (ESG). 2024 geht es verstärkt darum, konkret messbare Ergebnisse zu zeigen. Sowohl auf Unternehmensebene, als auch für ESG-Investoren. Erfahren Sie, warum “Greenwashing” bald deutlich erschwert werden dürfte.

February 8, 2024
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FINEXITY
AG
Redaktion

2024 wird ein politisch bewegtes und bewegendes Jahr. Denn es stehen Wahlen für den nächsten US-Präsidenten, den britischen Premierminister, die indische Regierung sowie die Mitglieder des Europäischen Parlaments an. Der Ausgang der Wahlen in Kombination mit den Initiativen der Regulierungsbehörden und weltweiten Klimazielen könnte unter anderem die Entwicklungen beim ESG-Investing positiv beeinflussen. Denn ein erfolgreicher Übergang zu einer nachhaltigen Wirtschaft bietet auch Chancen für Investoren. 

Bislang ist eine Problematik bei ESG-Investments allerdings, dass die Kriterien dafür, was “grün” oder “sozial” ist, variieren. Und zwar sowohl bei den Unternehmen selbst, als auch vonseiten der Nachhaltigkeits-Ratingagenturen und Finanzprodukt-Anbieter.

Das liegt daran, dass Nachhaltigkeit komplex ist. Weltweit versuchen Experten deshalb, Kriterien zu finden, die zugleich relevant, messbar und vergleichbar sind. Diese sollen Unternehmen, Fondsgesellschaften, Ratingagenturen und Anlegern dabei helfen, valide Informationen bereitzustellen bzw. zu erhalten, um darauf basierende Entscheidungen treffen zu können. Gelingt dieser Drahtseilakt, so könnten ESG-Anlagen an Reputation gewinnen und infolgedessen Kapitalzuflüsse verbuchen.

Echt öko: Das Ende des Greenwashing?

Doch bis dahin gibt es noch einiges zu tun. Sowohl auf Unternehmens- als auch auf politischer Ebene. Regulierungsbehörden und Marktteilnehmer sind sich sehr wohl darüber im Klaren, dass Unternehmen und Finanzinstitutionen in den vergangenen Jahren zahlreiche gewagte “grüne“ Versprechungen gemacht haben, die nicht immer der Wahrheit entsprachen. Dieses Greenwashing hat - wie z.B. im Fall der DWS - teils zu Skandalen mit Millionenstrafen geführt. Aussagen zu den wichtigsten ESG-Themen müssen deshalb valide und überprüfbar werden. Denn Greenwashing zerstört das Vertrauen in den Markt für nachhaltige Investitionen und schadet Anlegern.

Unternehmen und Finanzfirmen, die in Sachen ESG dagegen eine echte Vorreiterrolle einnehmen, könnten sich zunehmend positiv von der Konkurrenz abheben, da das erfolgreiche und überprüfbare Management von ESG-Aspekten zu einem Schlüsselkriterium für finanzielle Entscheidungsträger wird. Wenn außerdem noch Regulierungsbehörden und Gesetzgeber Anlagestrategien unter die Lupe nehmen, könnte Greenwashing tatsächlich bald eine Randerscheinung werden.

Politik definiert klarere ESG-Ziele

Aus regulatorischer Sicht ist die ESG-Welt allerdings gespalten: In den Vereinigten Staaten könnten Anti-ESG-Gesetze und die bevorstehenden Präsidentschaftswahlen 2024 Hürden darstellen, während beispielsweise in der EU eine neue Ära anbricht, die von Unternehmen, Investoren und Kreditgebern eine verstärkte Offenlegung, Transparenz und Rechenschaftspflicht in Bezug auf ESG-Themen verlangt.

In den USA haben mehrere Gruppierungen die finanziellen Vorteile von ESG infrage gestellt beziehungsweise bemängeln, dass ein bevorzugter Fokus auf ESG-Faktoren dem treuhänderischen Grundsatz der Gewinnmaximierung für Aktionäre zuwiderhandelt. Infolgedessen wurden bis Dezember 2023 in 18 Staaten mindestens 40 Anti-ESG-Gesetze verabschiedet. Der amtierende Präsident Biden hat allerdings tendenziell seine Position “pro ESG” unterstrichen, als er im März 2023 zum ersten Mal in seiner Amtszeit von seinem Vetorecht gebrauch gemacht hat: Er stoppte ein von den oppositionellen Republikanern vorgelegtes Gesetz, das es Rentenfonds untersagt hätte, bei Investmententscheidungen Umwelt, Soziales und verantwortungsvolle Unternehmensführung als Kriterien zu beachten. Viele Republikaner lehnen dagegen sogenannte ESG-Kriterien bei Investitionen als linkspolitisch motiviert ab.

Die EU will bis 2050 klima­neutral werden. Um dieses Ziel zu erreichen, wurde der European Green Deal Ende 2019 von der Europäischen Kommission vorgestellt. Er umfasst verschiedene Bausteine, wie etwa die EU-Taxonomie und CSRD (Corporate Sustainability Reporting Directive). Diese Richtlinie, die am 1. Januar 2024 in Europa in Kraft getreten ist, verpflichtet Unternehmen dazu, umfassend über ihre ESG-Auswirkungen zu berichten. Große Konzerne in der Europäischen Union müssen jetzt nachweisen, wie sich ihre Aktivitäten auf Umwelt und Gesellschaft auswirken. Im Jahr 2025 soll dann die jährliche Berichterstattung basierend auf den bereitgestellten Informationen beginnen. 

Auch international traten 2024 vom International Sustainability Standards Board entwickelte globale Berichterstattungsstandards in Kraft. Diese sogenannten ISSB-Standards sind aber im Gegensatz zur CSRD der EU nicht verpflichtend anzuwenden. Ziel ist vielmehr die Erstellung von weltweit akzeptierten Standards, wobei die EU eine Orientierung und Angleichung an die ISSB-Standards anstrebt, sodass diese auch für europäische Unternehmen relevant werden könnten.

Für viele Konzerne bedeutet das eine Menge Arbeit. Eine Auswertung von Fidelity über alle Regionen hinweg zeigt beispielsweise, dass nur etwa die Hälfte der von ihnen untersuchten Unternehmen vorbereitet sind, ihre Anforderungen in der Nachhaltigkeitsberichterstattung zu erfüllen. Für europäische Unternehmen steigt dieser Prozentsatz auf rund 60 Prozent.

Wie Investoren von klaren ESG-Standards profitieren

Die verbesserte Regulatorik und Initiativen auf Unternehmensseite dürften sowohl für die Umwelt und Gesellschaft, als auch für ESG-Anleger “gewinnbringend” sein. Eine aktuelle Studie von Morgan Stanley zeigt, dass das Interesse von Privatanlegern an Nachhaltigkeit zunimmt. Mehr als drei Viertel (77 %) der Privatanleger weltweit geben an, dass sie an Investitionen in Unternehmen oder Fonds interessiert sind, die darauf abzielen, marktübliche Finanzerträge zu erzielen und gleichzeitig positive soziale und/oder ökologische Auswirkungen zu berücksichtigen. Mehr als die Hälfte (57 %) gibt an, dass ihr Interesse in den letzten zwei Jahren zugenommen hat, während 54 % sagen, dass sie im nächsten Jahr ihre Allokationen in nachhaltige Anlagen erhöhen wollen. Zumindest dann, wenn die Transparenz und Validität von ESG-Daten gewährleistet sind.