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Art Basel: Barometer der internationalen Kunstwelt

Im Juni öffnete die weltberühmte und branchenweit führende Kunstmesse wieder ihre Pforten: die Art Basel. Nach einer Corona-Zwangspause und Verschiebungen war bereits die Messe im September 2021 von Euphorie geprägt. In diesem Jahr könnte der boomende, von Innovationen gezeichnete Kunstmarkt sogar für noch mehr Begeisterung und richtungsweisende Entwicklungen stehen. Erfahren Sie mehr über die Entstehung der Art Basel, die wichtigsten, dort vertretenen Aussteller und Künstler sowie Trends und Tendenzen am Kunstmarkt.

June 24, 2022
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Redaktion

Einflussreiches Kunst-Event mit Historie

Die über 50-jährige Geschichte der Art Basel begann in den 1970er-Jahren, als die lokalen Galeristen Ernst Beyeler, Trudl Bruckner und Balz Hilt eine internationale Kunstmesse ins Leben riefen. Das Event war von Anfang an ein Erfolg: Über 16.000 Kunst-Fans besuchten die Eröffnungsausstellung, die 90 Galerien und 30 Verlage aus zehn Ländern umfasste. In den 80er- und 90er-Jahren folgten Foto- und Filmausstellungen; in den 2000ern die Einführung der Plattform Art Unlimited, die das Konzept des klassischen Messestandes durch eine offene Umgebung ersetzt, in der eine große Bandbreite zeitgenössischer Medien gezeigt wird.

Zu den Highlights der Art Unlimited zählen in diesem Jahr beispielsweise Yael Bartanas Videoarbeit "Malka Germania" (2021), präsentiert von Galleria Raffaella Cortese, Annet Gelink Gallery und Petzel sowie Stano Filkos Installation “Environment S.FILKLINIC.DEATHS.F'” (2006), präsentiert von Layr.

Neben der Art Basel selbst findet seit 2002 jährlich auch eine Art Basel in Miami Beach statt. 2013 kam mit der Art Basel Hongkong ein weiterer Standort in Südostasien hinzu. Jede Art Basel Show verfügt über ein eigenes Gremium (Selection Committee), bestehend aus internationalen Galeristen, das alle Bewerbungen prüft und die teilnehmenden Galerien jährlich aufs Neue aussucht.

Die auch als “Olympiade der Kunstwelt” bezeichnete Messe bringt die internationale Branche zusammen. Sie präsentiert in diesem Jahr rund 290 führende Galerien und mehr als 4.000 Künstler aller Kontinente. Viele hochkarätige Ausstellungen finden zeitgleich in und um Basel statt, sodass aus dem Event eine regionale Kunstwoche entsteht.

Ausgestellt werden primär Werke des 20. und 21. Jahrhunderts. Dabei sind verschiedene Kunstformen von modernen Meistern sowie aufstrebenden Talenten vertreten. Die Art Basel versteht sich im Gegensatz zu Konkurrenz-Messen wie der Biennale oder documenta aber nicht als reine Verkaufsmesse: Mit zahlreichen, nicht kommerziellen Crossover-Veranstaltungen und kuratierten Formaten erweiterte der ehemalige Direktor, Sam Keller, die klassische Tradeshow und machte sie zu einer komplexen, kulturellen Großveranstaltung.

Den marktführenden Charakter der Art Basel unterstreicht zudem der gemeinsam mit UBS ausgegebene, jährliche Kunstmarktbericht. Der Art Basel und UBS Global Art Market Report deckt die wichtigsten makroökonomischen Branchentrends ab und bietet grundlegende Einblicke in den Kunstmarkt. Außerdem enthält der von der renommierten Kulturökonomin Dr. Clare McAndrew verfasste Bericht auch die Ergebnisse einer von UBS Investor Watch und Arts Economics durchgeführten Umfrage unter mehr als 2.000 vermögenden Kunstsammlern in zehn wichtigen Märkten, die Einblicke in das Käuferverhalten gewährt.

Bedeutende Künstler, Galerien und Trends

Laut dem Report steigen die weltweiten Kunstverkäufe 2022 sogar über das Niveau vor der Pandemie. Bereits im Jahr 2021 hat sich der Kunstmarkt stark erholt, wobei die Gesamtverkäufe von Fine Art und Antiquitäten durch Händler und Auktionshäuser einen geschätzten Wert von 65,1 Milliarden Dollar erreichten. Dies entspricht einem Anstieg von 29 % gegenüber dem Vorjahr und übertrifft den Marktwert von 2019 um 0,7 Milliarden Dollar. Die USA blieben mit einem Anteil von 43 % an den weltweiten Verkäufen dominant, während das Vereinigte Königreich hinter China auf den dritten Platz zurückfiel.

Der Wachstumstrend dürfte auch in diesem Jahr anhalten – blickt man auf Aussteller und Verkäufe der ersten Messetage. Zu den Top-Kunsthandels-Konzernen zählen in diesem Jahr wohl Gagosian, Zwirner, Landau sowie Hauser & Wirth: Die Schweizer Galerie verkaufte gleich zu Beginn der Messe die ikonische “Spider”-Plastik von Louise Bourgeois für 40 Millionen Dollar. Ebenfalls stattliche 12,5 Millionen Dollar nahm die New Yorker Galerie David Zwirner für ein Werk des kubanisch-amerikanischen Konzept- und Installationskünstlers Félix González-Torres ein. Des Weiteren verkaufte Zwirner das Gemälde “Militaristic Monomaniac” von Marlene Dumas für 8,5 Millionen Dollar an eine europäische Sammlung.

Zu den sehr bekannten Künstlern der Art Basel zählt einmal mehr Keith Haring. Dessen Werk “Untitled” aus dem Jahr 1988 zeigt eine seiner ikonischen Figuren, die versucht, einem Monster zu entkommen. Das Bild entstand zwei Jahre vor seinem Tod und wäre einen Millionenbetrag wert.

Neben käuflicher, hochpreisiger Kunst gibt es auf der Art Basel auch unbezahlbare zu sehen. So zum Beispiel diverse Werke von Picasso wie “Les Dormeurs” aus dem Jahr 1965, das zu den absoluten Ausstellungs-Highlights der Messe zählt.

Mittlerweile spielt auch Digitalkunst eine – wenn auch eher geringe – Rolle. So verkaufte beispielsweise die Galerie Nagel Draxler bereits im vergangenen Jahr im Rahmen ihres “Crypto Kiosk” die ersten NFT (Non Fungible Token) auf der Art Basel. In diesem Jahr kombiniert die Galerie das Krypto-Angebot mit traditioneller Kunst und präsentiert zwei kryptobezogene Kunstwerke, darunter drei NFTs von Kenny Schachter.

Nagel Draxler versucht “die beiden Welten zu verschmelzen". Denn “schon bald wird jeder eine Brieftasche für digitale Werte haben … denn wir befinden uns mitten in der vierten industriellen Revolution, und die Art Basel ist und wird immer ein Impulsgeber für viele dieser Veränderungen sein."

Den Trend hin zur Digitalkunst bzw. hybriden Formen bestätigen auch die Daten des UBS Global Art Market Report. Blockchain-basierte NFTs scheinen gerade für vermögende Kunstsammler immer attraktiver zu werden: 74 % der Befragten haben im Jahr 2021 kunstbezogene NFTs gekauft.

Kritik an der Basler Kunstmesse

Die Art Basel ist ein zweifelsohne ein wichtiges Stimmungsbarometer für den Kunstmarkt und die internationale Messe schlechthin. Doch es gibt auch kritische Stimmen, die deren Zukunft generell infrage stellen oder die Auswahl- bzw. Zulassungsverfahren bemängeln.

Ein Thema, das aktuell kontrovers diskutiert wird, ist beispielsweise, wie es künftig mit der Messe in Hongkong weitergeht. Dort existiert faktisch keine Meinungs- und Demonstrationsfreiheit mehr, da die chinesische Regierung Oppositionelle auf Grundlage des sogenannten Sicherheitsgesetzes willkürlich festgenommen oder wegen der Repressalien des Landes verwiesen hat. Ob das zur Liberalität der Kunstwelt passt, die das Fundament der Art Basel bildet, darf bezweifelt werden.

Auch das finanzielle Gerüst der Art Basel gerät ins Wanken: Die Coronapandemie hat deren Veranstaltungskonzern MCH Group schwer zugesetzt. Zwei Jahre in Folge verzeichnet das Unternehmen pandemiebedingte Verluste. Deshalb soll ein finanzielles Maßnahmenpaket entwickelt werden, dessen Ziel es ist, die Refinanzierung der im Mai 2023 fälligen Anleihe über 100 Millionen Franken zu gewährleisten. Die Regierung des Kantons Basel-Stadt will sich mit bis zu 34 Millionen Franken daran beteiligen. Genau so viel soll auch Lupa Systems rund um den Medienmogul James Murdoch dazuzahlen. Wobei sowohl die Beteiligung von Murdoch, als auch die Verwendung von Steuergeldern zur Rettung der Art Basel bei vielen Schweizern und Kunstliebhabern nicht gutgeheißen wird – zumal die Frage im Raum steht, ob im Zuge der Digitalisierung von Galerien und Verkaufsplattformen teure Messen in Zukunft überhaupt Bestand haben werden.