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Authentizität und ideeller Wert – Entscheidende Einflüsse auf den Kunstmarkt

„Heute kennen die Leute von allem den Preis, aber von nichts den Wert“, wusste schon Oscar Wilde. Trifft das auch auf den Kunstmarkt zu? Zumindest wundern sich Außenstehende oft über spektakuläre Auktionsergebnisse der Werke berühmter Künstler. Wie kommen diese Millionenpreise zustande? Bei der Preisfindung sind nicht nur Sachverständigenexpertise, Provenienz und die Rezeption eines Werks entscheidend. Eine große Rolle spielt auch der Charakter des Kunstwerks – Investoren wollen emotionale Teilhabe an Ihrem Sachwert.

December 11, 2020
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FINEXITY
AG
Redaktion

Preisbildung auf dem Kunstmarkt

Bevor ein Kunstwerk auf den Markt kommt, muss zunächst ein Preis festgelegt werden. Dieser Schätzpreis ist auf dem Kunstmarkt von zahlreichen Kriterien abhängig und wird normalerweise von dem jeweiligen Auktionshaus ermittelt, bevor das Werk zur Versteigerung freigegeben wird. 

Im Wesentlichen werden zur Ermittlung des Schätzpreises die Angaben des Vorbesitzers, bereits erstellte Expertisen und externe Berichte von Kunstexperten zu Rate gezogen. Im berühmten New Yorker Auktionshaus Sotheby’s werden beispielsweise mithilfe eines Formulars vorab Art des Kunstwerks, Maße, Zustand des Objektes und weitere Daten abgefragt. Bei den Kunstexperten, die die Werke beurteilen, handelt es sich in der Regel um Kunsthistoriker, -kritiker und -händler, die langjährige Berufserfahrung haben. Mithilfe dieser Faktoren – und den erzielten Preisen von vergleichbaren Werken – wird eine Preisspanne in Form des oberen und unteren Schätzpreises festgelegt.  

Dieser Schätzpreis ist nicht zu verwechseln mit dem Marktpreis. Der Schätzpreis erscheint als Richtwert in Auktionskatalogen vor der Versteigerung und dient der groben Orientierung für potenzielle Käufer. Den letztendlichen Marktpreis kann nicht einmal das Auktionshaus vorhersagen. Denn erst in der Versteigerung trifft Angebot auf Nachfrage und dort können beispielsweise emotionale Aspekte den Preis beeinflussen. So kann der tatsächlich erzielte Marktwert den Schätzpreis um ein Vielfaches übertreffen oder auch hinter den Erwartungen zurückbleiben.  

Unabhängige Experten und Beliebtheit des Kunstwerks steigern den Wert

Unabhängige Sachverständige nehmen bei der Preisfindung eine wichtige Rolle ein. Denn die Inaugenscheinnahme eines Gemäldes hat deutlich mehr Gewicht, wenn sie von einem unabhängigen Experten ausgeführt wird, anstatt von dem hauseigenen Sachverständigen des jeweiligen Auktionshauses. Außerdem ist die Rezeption und Beliebtheit des jeweiligen Künstlers durch die Kunstkritik und natürlich auch durch das kunstinteressierte Publikum maßgeblich. Die Resonanz von Kunstwerken in Ausstellungsbesprechungen, in Aufsätzen sowie Auszeichnungen eines Künstlers und seine Zugehörigkeit in Künstlerverbänden beeinflussen ebenfalls den Preis. Außerdem ist der Bekanntheitsgrad und die Beliebtheit eines Künstlers bzw. eines bestimmten Sujets zum Zeitpunkt des Verkaufs entscheidend.  

Authentische Geschichten überzeugen die Käufer

Auch die Provenienz eines Kunstwerks – also die möglichst lückenlos geklärte Herkunft von der Entstehung des Werks bis zur Gegenwart – ist für den Kunstmarkt von großer Bedeutung. Die Provenienz ist deshalb so wichtig, weil Käufer davon ausgehen, dass renommierte Vorbesitzer wussten, dass sie ein wertvolles Kunstwerk besitzen. Das Risiko einer Fälschung ist also gering. So kann sich mitunter auch eine enorme Preissteigerung ergeben, wenn die Provenienz eines Werks lange ungewiss war und nun plötzlich aufgeklärt wird. 

So geschehen bei dem Gemälde Berliner Straßenszene (1913) des expressionistischen Künstlers Ernst Ludwig Kirchner, das 2006 für 38 Millionen US-Dollar im Auktionshaus Christie’s versteigert wurde, obwohl das Werk „nur“ auf 18 bis 24 Millionen Euro geschätzt wurde. Entscheidend für den Preisanstieg war, dass das Gemälde kurz vor der Versteigerung an die rechtmäßigen Erben einer während des Nationalsozialismus verfolgten jüdischen Familie zurückgegeben wurde – die Herkunft des Gemäldes also plötzlich lückenlos nachvollzogen werden konnte. 

Der Kunstmarkt liebt solche und ähnliche Geschichten über verschollene Werke und die rechtmäßige Rückgabe an die ursprünglichen Besitzer bzw. deren Nachkommen, die ausschlaggebend für einen hohen Preisanstieg sein können. Wenn Kunstwerke also über ihren ästhetischen Wert hinaus eine Geschichte erzählen, die von überragender gesellschaftlicher Relevanz ist, erlangen sie einen zusätzlichen ideellen Wert.

Privatanleger partizipieren mit digitalen Anteilen an Kunstsachwerten 

In dem kleinen elitären Kreis der finanzstarken Anleger, die bisher den Kunstmarkt dominieren, werden Werke oftmals von einer privaten Sammlung in die nächste verkauft – und verschwinden damit in privaten Räumlichkeiten der Kunstliebhaber. Dieses Vorgehen sorgt dafür, dass bedeutendes Kulturerbe der Öffentlichkeit unter Umständen jahrzehntelang nicht zugänglich ist. 

Investment-Plattformen liberalisieren den Kunstmarkt, indem sie Kleinanlegern Zugang zu vormals illiquiden Vermögenswerten wie Kunst ermöglichen. Anleger erwerben digitale Anteile in Form von Investment-Token, die als digitale Wertpapiere strukturiert sind. Ein Investment-Token beschreibt einen Anteil an beispielsweise einem Gemälde oder einer Plastik, der auf einer digitalen Blockchain gespeichert wird. Anleger, die tokenisierte Anteile an einem Kunstsachwert erworben haben, müssen sich nicht um professionelle Unterstützung durch Begutachtung, Platzierung in Ausstellungen oder Lagerung des Kunstwerks kümmern. In Ausstellungen und Online-Events können sie die Wertsteigerung der Werke live mitverfolgen. 

Mithilfe dieser neuen Technologie können nun also auch Privatanleger mit überschaubarem Budget an einem Kunstsachwert partizipieren und von den entsprechenden Renditen profitieren. Mit digitalen Anteilen sind gesellschaftlich und kulturell wertvolle Kunstwerke außerdem wieder vermehrt in öffentlichen Ausstellungen und Museen dem kunstinteressierten Publikum zugänglich.