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Immobilien

Praxisbeispiel nachhaltiges Bauen: Innovative Kreislaufwirtschaft im Hamburg Water Cycle

Der Hamburg Water Cycle ist ein exzellentes Vorreiterprojekt für eine nachhaltige Bauweise und klimaneutrales Wohnen. Im Rahmen des Projektes werden Maßnahmen umgesetzt, die einen ganzheitlichen Ansatz zur Energieversorgung und Abwasserentsorgung im städtischen Umfeld haben und den Ausstoß von CO2 reduzieren. Investoren, Eigentümer, Mieter und die Wissenschaft profitieren.

November 27, 2020
6
min read
Ramin
Gulzari
Senior Real Estate Manager

In der Jenfelder Au wird aus Abwasser grüne Energie

Das Wohnquartier Jenfelder Au in Hamburgs Osten setzt ökologische und soziale Maßstäbe, die europaweit einzigartig sind. Als erstes Wohnquartier sind alle neu entstandenen Häuser erfolgreich an den seit 2019 bestehenden Hamburg Water Cycle angeschlossen, der mithilfe von Fördermitteln des Bundes und der Europäischen Union umgesetzt wurde. Im September diesen Jahres konnten Interessierte und Bewohner sich in organisierten Expertenführungen unter Einhaltung von Hygieneregelungen selbst von der Effizienz der Selbstversorgeranlage überzeugen.

Die Grundidee des Hamburger Leuchtturmprojekts ist es, die Infrastrukturbereiche Wasser und Energie nicht als getrennte Felder, sondern als ineinandergreifende Bereiche zu betrachten. Auf diesem Weg wird nicht nur das Trinkwasser als Ressource geschont, sondern dessen Nutzwert zusätzlich erhöht, indem Stoffkreisläufe geschlossen und die Energiegewinnung aus anfallendem Abwasser gesteigert werden.

Kostensparende Abwassertrennung im Hamburg Water Cycle

Neben Alternativkonzepten wie Vakuumspülungen in der Toilette ist der elementare Baustein des Hamburg Water Cycle die getrennte Betrachtung des Abwassers. Folgende Teilströme werden nach Herkunft unterschieden:

  • Schwarzwasser – Abwässer aus der Toilette
  • Grauwasser – Anteil des Abwassers im Haushalt, der nicht über die Toilette abgeleitet wird
  • Regenwasser – natürlich durch Niederschlag anfallendes Abwasser


Bei einem gewöhnlichen Abwasserkreislauf werden Schwarz-, Grau- und Regenwasser gebündelt und gesammelt in die Abwasseraufbereitung in der Kläranlage geführt. Dieser Ansatz ist jedoch nicht besonders nachhaltig, da die Aufbereitung einen enormen Energiebedarf verschlingt und je nach Teilstrom des Abwassers ein unterschiedlicher Nutzen gezogen werden kann. Hier setzt der Hamburg Water Cycle an und führt die Teilströme des Abwassers nicht zusammen, sondern sammelt diese getrennt. So können die spezifischen Eigenschaften bestmöglich genutzt werden.

Energieschonende Reinigung von Schwarzwasser durch Biogasanlagen

Das Schwarzwasser ist mit menschlichen Fäkalien verunreinigt und enthält zudem organische Stoffe wie Toilettenpapier. Schwarzwasser enthält viel Phosphat und Stickstoff und ist daher besonders nährstoffreich. Da neben den Nährstoffen aber auch viele Krankheitserreger und Medikamentenrückstände enthalten sind, ist eine energieintensive Reinigung Pflicht, bevor Schwarzwasser zurück in die Natur geleitet wird. 

Durch das Mischen mit Grau- und Regenwasser ist diese Reinigung üblicherweise aufgrund der deutlich gesteigerten Menge aufwendig. Bei einer nachhaltigen Nutzung des Schwarzwassers, wie es im Hamburg Water Cycle stattfindet, wird die chemisch gebundene Energie der organischen Stoffe des Schwarzwassers durch eine anaerobe Behandlung gelöst – Bakterienstämme werden hinzugegeben, die eine natürliche Vergärung ankurbeln. So lässt sich durch die Verwertung in einer Biogasanlage elektrische Energie aus dem Schwarzwasser erzeugen. Die Verstromung des Biogases erfolgt in Blockheizkraftwerken, die neben Strom auch Wärme aus dem Biogas gewinnen.

Intelligente Wiederverwendung von Grauwasser als Gartenbewässerung

Beim Händewaschen, Abwaschen, Wäschewaschen und Kochen fällt Grauwasser an. Im Gegensatz zum Schwarzwasser enthält das Grauwasser weniger organische Stoffe, ist also weniger nährstoffarm und enthält nur wenige Krankheitserreger und Medikamentenrückstände. Die Reinigung ist deutlich weniger aufwendig als beim Schwarzwasser.

Beim Hamburg Water Cycle wird das Grauwasser in Teilen als Brauchwasser wiederverwendet, zum Beispiel für die Toilettenspülung oder die Bewässerung des Gartens. Der Rest wird der Aufbereitung zugeführt, die deutlich einfacher und weniger energieintensiv als beim Schwarzwasser ausfallen kann. Nach der Reinigung wird der Teilstrom den natürlichen Gewässern zugeführt.

Regenwasser trennen verhindert Überlastungen und stärkt Hochwasserschutz

Regenwasser ist in der Regel wenig bis gar nicht belastet. Auftretende Verunreinigungen lassen sich auf die Fläche und den Boden zurückführen, auf den das Regenwasser fällt. Speziell in der Stadt treten durch Abgase vereinzelt Schadstoffe im versickerten Regenwasser auf. 

Besonders bei starken Regenfällen, wie sie bedingt durch den Klimawandel vermehrt zu erwarten sind, werden die herkömmlichen Systeme schnell überlastet. Anstatt das Wasser abzuleiten, setzt der Hamburg Water Cycle auf eine lokale Nutzung. In Teichen und Rückhaltebecken wird das Wasser zurückgehalten, um bei Starkregen eine Überlastung des Abwassersystems zu vermeiden. Diese Methode stärkt nicht nur den Hochwasserschutz, sondern auch einen naturnahen Wasserkreislauf.

Fazit: Der Hamburg Water Cycle als nachhaltiges Abwasser- und Energiekonzept

Der Hamburg Water Cycle ist ein wichtiger Schritt hin zu einem nachhaltigeren Abwasser- und Energiesystem und deshalb absolut zukunftsfähig. Das innovative und ganzheitliche Konzept steigert nicht nur das Wohlbefinden von Eigentümern und Mietern der angebundenen Immobilien, sondern leistet einen großen Beitrag zum Umweltschutz und zur Forschung über Mikroschadstoffe im Abwasser. Es ist zu hoffen, dass dieses Erfolgsprojekt den Weg für ähnliche Projekte in ganz Europa ebnen wird.