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Immobilien

Prozessoptimierung mit digitalen Immobilienbewertungen

Die rasch fortschreitende Digitalisierung hat die Immobilienbranche revolutioniert: Sogenannte “PropTechs” – kurz für “Property Technology” – sind Unternehmen, die mithilfe technologiebasierter Lösungen die Abläufe und Angebote der Wohnungswirtschaft vorantreiben. Zum Beispiel im Bereich Planung und Visualisierung von Bauprojekten, bei Smart Home-Lösungen, Immobilieninvestments sowie der Immobilienvermittlung und Bewertung. Erfahren Sie, warum Online-Gutachten mit Vorsicht zu genießen sind und wie seriöse PropTechs die Immobilienbewertung optimieren.

February 5, 2021
6
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FINEXITY
AG
Redaktion

Angesichts seit Jahren steigender Immobilienpreise in Deutschland fragen sich viele Eigentümer und Privatinvestoren: “Was ist mein Haus oder meine Wohnung mittlerweile eigentlich wert?” Andere wiederum planen wegen der anhaltend niedrigen Zinsen möglicherweise den Erwerb eines Eigenheimes oder Investitionsobjekts und möchten dieses vorab bewerten lassen. Auch aufgrund von Ehescheidungsfragen oder Erbschaften kann es notwendig sein, ein Immobiliengutachten einzuholen. Hierfür gibt es sowohl traditionelle Quellen, wie beispielsweise Sachverständige, Makler oder das Selbststudium von Immobilienanzeigen vergleichbarer Objekte, als auch Online-Angebote, die mithilfe maschineller Datenauswertungen Einschätzungen bieten.

Preissteigerung bei Wohnimmobilien trotz Coronapandemie

Der deutsche Immobilienmarkt zeigt sich vom aktuellen, coronabedingten Konjunkturabschwung relativ unbeeindruckt. Die Preise für Wohnimmobilien steigen seit Jahren immer weiter an. Das Statistische Bundesamt berichtete Ende Dezember 2020, dass die Preise für Ein- und Zweifamilienhäuser und Eigentumswohnungen im dritten Quartal 2020 im Schnitt um 7,8 % höher lagen, als im Vorjahreszeitraum. In Metropolen wie beispielsweise München, Frankfurt oder Berlin war der Preisanstieg noch deutlich ausgeprägter. 

Diese Entwicklung ist zum einen auf das niedrige Zinsniveau zurückzuführen, zum anderen auf die wachsende Beliebtheit von “Betongold” als Anlageklasse im Rahmen einer diversifizierten Portfoliostrukturierung. Mithilfe innovativer Finanzprodukte, wie tokenisierter Schuldverschreibungen, können sich mittlerweile auch Kleinanleger die Investition in Immobilienprojekte bereits mit geringen Summen leisten, indem sie auf Investmentplattformen digitale Anteile erwerben.

Immobilienbewertung: Was nichts kostet, taugt nichts?

Immobilienmakler, Käufer bzw. Investoren in spe stehen aktuell jedoch vor einem Problem: Persönliche Objektbesichtigungen und Bewertungen finden aufgrund der Kontaktbeschränkungen nur in sehr begrenztem Rahmen statt. Deshalb nutzen die Marktakteure vermehrt digitale Lösungen von PropTech-Unternehmen – zum Beispiel für virtuelle Wohnungsbesichtigungen, als Kontaktplattform für Mieter und Vermieter oder zur Immobilienbewertung. Gerade virtuelle Gutachten variieren jedoch stark hinsichtlich Preis und Qualität.

  • Kostenlose Online-Immobilienbewertung

“Jetzt den Verkaufspreis für Ihre Immobilie ermitteln. Kostenlos & unverbindlich”. Viele Immobilienbesitzer und Interessenten haben wahrscheinlich schon Anzeigen wie diese gelesen, mit denen aktuell im Internet geworben wird. Gratis-Immobilienbewertungen sind natürlich ein auf den ersten Blick attraktives Angebot, da ein professionelles Kurzgutachten in der Regel bis zu 500 Euro, ein Vollgutachten 0,5 bis 1 % des Verkehrswertes einer Immobilie kosten kann. 

Doch die Lockangebote haben einige Nachteile: So ergaben Praxistests oft ungenaue und stark variierende Wertangaben, auf denen sich keine valide, wirtschaftliche Investitionsentscheidung treffen lässt. Statt fundierten Gutachten, die den Verkehrs- oder Marktwert nach § 194 Baugesetzbuch ermitteln, erhalten Kunden häufig nur grobe Einschätzungen. Und: Angebote von Maklern, die anhand der eingegebenen Kundendaten Gratis-Immobilienbewertungen als Akquiseinstrument für neue Vermittlungsaufträge nutzen.

Desweiteren stellt sich bei kostenlosen Gutachten häufig auch die Haftungsfrage. Denn wenn die Immobilienbewertung falsch ist, kann das gerade in Investitions-, Erbschafts- oder Ehescheidungsfragen kostspielige Konsequenzen haben. In vielen Fällen schließen Online-Anbieter deshalb ihre Haftung aus – wodurch der Kunde selbst das volle Risiko trägt.

  • Professionelle Angebote von Sachverständigen und Gutachtern

Im alltäglichen Sprachgebrauch werden die Begriffe Immobiliengutachter und Immobiliensachverständiger meist synonym verwendet, haben im Kontext jedoch unterschiedliche Bedeutungen. Staatlich anerkannte und vereidigte Immobiliensachverständige erstellen Gutachten, die von Behörden und vor Gericht anerkannt sind. Der Begriff Immobiliengutachter schließt dagegen auch freie Gutachter mit ein, die den Verkehrs- und Marktwert einer Immobilie oder eines unbebauten Grundstücks ermitteln. Deren Bewertung ist jedoch nicht gerichtsfest.

Deshalb sollten Verbraucher vorab definieren, wofür sie ein Gutachten benötigen. Für den Immobilienverkauf, Ankauf oder ein Immobilieninvestment kann im Allgemeinen zwischen einem Sachverständigen und einem freien Gutachter gewählt werden. Für juristische Angelegenheiten besteht dagegen meist die Notwendigkeit eines vereidigten Sachverständigen.

Gutachter und Sachverständige beurteilen eine Immobilie hinsichtlich folgender Faktoren:

  • Lage
  • Bodenrichtwert
  • Baurechtlicher und technischer Zustand
  • Erschließungsgrad
  • Energiekennwert
  • Grundstückslasten
  • Marktlage


Im Gegensatz zu kostenlosen Online-Immobilienbewertungen bieten qualifizierte Sachverständige und Gutachter hohe Qualitätsstandards und entsprechend verlässliche, objektive Immobiliengutachten. Diese erfordern jedoch eine persönliche Besichtigung und sind mit hohen Kosten verbunden. So kann für ein Vollgutachten durchaus 0,5 bis 1 % Prozent des Verkehrswertes fällig werden.

Gutachten in Echtzeit mit KI und Big Data

Günstigere und mitunter sogar bessere Gutachten erzielen dabei PropTech-Plattformen zur Immobilienbewertung. Da traditionelle Gutachter und Sachverständige vor der Herausforderung stehen, dezentral organisierte Daten zu erheben, auf Belastbarkeit und Relevanz hin zu prüfen, zusammenzuführen und sie an die Besonderheiten des Bewertungsobjektes anzupassen, ist deren Arbeit sehr zeit- und datenintensiv. Längst sind zu viele Informationen verfügbar, um diese ohne technologische Hilfe zu verarbeiten und sinnvoll auszuwerten. Diese Prozesse können jedoch mittels künstlicher Intelligenz optimiert und Ergebnisse in Auswertungs- und Reportingtools für die Immobilienbewertung bereitgestellt werden. So lassen sich Objekte basierend auf einer täglich aktualisierten Datenmenge relativ günstig, skalierbar, valide und in Echtzeit bewerten.

Professionelle Online-Immobilienbewertungen und Gutachten basierend auf Big Data und künstlicher Intelligenz eignen sich für alle Marktteilnehmer: für Privat(ver)käufer, Banken, Investmentplattformen, gewerbliche Anbieter sowie Baufinanzierer bieten sie teils signifikante Kostenvorteile gegenüber traditionellen Gutachten. Interessenten sollten dabei jedoch unbedingt auf die Seriosität des Angebots achten und berücksichtigen, dass KI-Modelle keine Gutachter- oder Sachverständigen-Einschätzung ersetzen. Denn ein mit den lokalen Marktbedingungen vertrauter Profi macht sich persönlich ein Bild von der betreffenden Immobilie und erstellt basierend auf seinem Eindruck und seiner Erfahrung ein individuelles, valides und gerichtsfestes Gutachten.